Jugendtrainer: »Ach, die sind hier gar nicht angestellt?«

Hartplatzhelden-Kolumne #75

Jugendtrainer: »Ach, die sind hier gar nicht angestellt?«

»Sie sollen fachlich überzeugen, methodisch auf Höhe der Zeit und den Kindern Vorbild sein. Und das alles am besten ehrenamtlich. Es wird Zeit, die Jugendtrainer besser zu unterstützen. Wir haben einen Plan.« Von GERD THOMAS

Jugendtrainer und -trainerinnen sind für Kinder und Jugendliche wichtige Bezugspersonen. Oft bekommen sie Dinge mit, die Eltern oder Lehrkräften verborgen bleiben. Manchmal werden sie sogar zur Hauptansprechperson. In vielen Familien läuft es nicht rund, in der Schule oft noch weniger. Beim Fußball sind die Kinder und Jugendlichen in einer anderen Umgebung. Hier zählen keine Schulnoten, sondern Tore, Tunnel, Hackentricks sowie Miteinander und Freundschaften. Ohne den Mannschaftssport glorifizieren zu wollen, für viele Kinder ist der Sportplatz die Wohlfühlzone.

Den Coaches kommt die große Verantwortung zu, eine vertraute Atmosphäre herzustellen und aufrechtzuerhalten. Doch wie können sie diese Aufgabe meistern? Es gibt große Unterschiede, nicht zuletzt bezüglich der Erfahrung. Wir haben einen Trainer, er ist Pädagoge, er trainiert länger als fünfzehn Jahren Kinder, auf Klein- wie Großfeld, Anfänger und Leistungsstarke. Da er auch als Mentor für jüngere Trainer fungiert, kann man von einem Idealfall sprechen – der leider nicht häufig vorkommt.

Was ist aber mit den Traineranfängern? Was kommt auf sie zu, und wie bereiten wir sie auf die Saison vor? Ein Trainer eint viele Funktionen in einer Person. In erster Linie ist er Übungsleiter, aber auch Kummerkasten, Zeugwart, Ansprechpartner für Eltern, Organisator von Auswärtsfahrten und vieles mehr. Genau diesen Spagat hat jüngst der SZ-Redakteur Peter Linden in einem "Selbstversuch" als U11-Jugendtrainer des Sohns sehr anschaulich beschrieben. Viele Eltern erwarten von ihm, er müsse fußballerisch und taktisch versiert sein. Selbst wenn er im echten Leben Jura studiert oder eine Ausbildung zum Mechatroniker macht, verlangt man von ihm, methodische Kniffe zu beherrschen und didaktisch auf dem neuesten Stand zu sein. Logisch, dass er sich in allen Präventionsfeldern auskennen soll, von Kinderschutz über Rassismus bis zur Gewaltvorbeugung.

Manchmal fragen wir Eltern, was sie glauben, was Trainer aus ihrer Sicht alles leisten können müssen. Hin und wieder kommt im Gespräch die Rückfrage: „Ach, die sind hier gar nicht angestellt?“ Das ist der Moment, in dem man sich als Vereinsfunktionär besser einen Kaffee holt und tief durchatmet, statt gleich zu antworten: „Schon mal nachgedacht? Woher soll denn das Geld dafür kommen? Von den Mitgliedsbeiträgen?“ Dass diese möglichst niedrig sein sollen, muss kaum erwähnt werden. Vier Wochen Fernreise „all inclusive“ oder die Steuern für den SUV sind kein Problem, aber der Verein, in dem der Filius dreimal die Woche unter Aufsicht zubringt (und was fürs Leben lernt), soll möglichst wenig kosten.

Trainer haben großen Einfluss darauf, wie sich ihre Spieler dem Feld verhalten, denn sie sind Vorbilder. Wir sollten darüber nachdenken, ob wir mit diesem wohl höchsten Gut eines Vereins adäquat umgehen. Wir haben beim FC Internationale daher ein Konzept entwickelt, das wir mit vielen Vereinen teilen möchten. Es hat die Stärkung der Trainerinnen und Trainer zum Ziel.

Im März wollen wir mit dem „Berliner Netzwerk Fußball und Gesellschaft“ eine Veranstaltung durchführen, in der wir den Bedingungen für die Coaches auf den Grund gehen. Auch der Berliner Fußball-Verband wird involviert sein. Im ersten Schritt geht es darum, die Probleme zu identifizieren. Das geschieht nicht wie üblich im Top-Down-Prinzip, sondern in Zusammenarbeit mit den Betroffenen. Sie wissen am besten, was los ist. Danach wollen wir Lösungsansätze erarbeiten, natürlich auch partizipativ mit den Trainerinnen und Trainern. Auch Eltern und Vorstände können sich einbringen, denn nur die Teilnahme vieler Interessensgruppen führt zu tragfähigen Verbesserungen.

Angedacht ist, die Ergebnisse zu verschriftlichen und auch Vereinen zur Verfügung zu stellen, die nicht teilnehmen. Wir haben ein Interesse daran, dass sich die Bedingungen nicht nur in wenigen Vereinen verbessern, sondern grundlegend. Wir glauben daran, dass positive Veränderungen am besten aus sich selbst heraus passieren. Es sind so viel Wissen, so viel Kreativität, so viel Leidenschaft bei den Ausbildern unserer Kinder vorhanden, das sollten wir nutzen.

Möglich, dass auch die Ausbildung der Verbände, die weitgehend vom DFB gesteuert wird, zum Thema wird. Diskussionen dazu gab es zuletzt reichlich, zu Kosten wie zu Inhalten. Man könnte meinen, die DFB-Verantwortlichen hätten nichts dagegen, dass die Debatte im Tagesgeschäft untergeht, was ich für einen schweren Fehler halte. Die Basis meckert in diesem Fall nicht einfach drauf los, sie hat auch gute Argumente für ihr Urteil.

Doch will man die in der Frankfurter Akademie auch wirklich hören? Wen interessiert es wirklich, wenn die Vereine nicht mehr in der Lage sind, A- oder B-Lizenzen zu finanzieren? Beim DFB-Amateurfußball-Kongress stand das Thema nicht auf der Tagesordnung.

Übrigens: Wir vom FC Internationale Berlin wollen uns nicht nur um die Belange der Trainerinnen und Trainer kümmern. Zwei andere Termine werden sich mit der Stärkung der Vereinsvorstände und mit dem viel diskutierten Thema Eltern widmen. Wir haben großartige Verstärkung gefunden: Susanne Amar, Expertin für Fußballeltern. Auch andere Fachleute haben zugesagt.

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